Offener Brief an den Landesvorstand in Sachsen-Anhalt und dem Parteivorstand der SPD in Berlin vom 19. Februar 2018

Liebe Genossinnen und Genossen,

die SPD in Deutschland und auch im Land Sachsen-Anhalt durchläuft seit Jahren eine tiefgreifende und sich stetig verschärfende Krise. Insbesondere die Landtagswahl 2016 und die Bundestagswahl 2017 markierten neue historische Tiefpunkte, die den Volksparteienstatus der SPD in Frage stellen. Dies gilt es ohne jedwede schönfärberische Relativierung zur Kenntnis zu nehmen und kritisch aufzuarbeiten. Ein nochmaliges „Weiter so“ mit alten Köpfen, allenfalls auf neuen Posten darf es nicht geben.

Der Ortsverein Ilsenburg ist der Überzeugung, dass es angesichts des schon länger anhaltenden Sinkfluges der SPD und der Geschehnisse nach der Bundestagswahl vom 24.9.2017 einer wirklichen Erneuerung der Partei bedarf. Und das geht- vor allem aus Gründen der Glaubwürdigkeit nur mit einem personellen Neuanfang. Wir müssen endlich parteiintern zu Verfahren gelangen, in denen solche Entscheidungen nicht in Hinterzimmern von einigen wenigen mit persönlichen Ambitionen getroffen werden, sondern die das Meinungsbild in der gesamten Partei aufnehmen und Persönlichkeiten hervorbringen, die Charisma, Strahlkraft haben und denen es gelingt, mit Sachverstand, Erfahrung und Sympathie die Köpfe und Herzen der Menschen zu erreichen.

Der Parteivorstand hat am 13.02.2018 einstimmig die – wiederum nur von einigen wenigen angestrebte, wie eine Erbmonarchie wirkende – Entscheidung getroffen, Andrea Nahles den Parteivorsitz zu übertragen und dazu einen außerordentlichen Bundesparteitag für den 22.04.2018 einzuberufen. Diese Entscheidung tragen wir nicht mit.

§ 14 Abs. 11 des Organisationsstatutes der SPD schafft die Möglichkeit, im Vorfeld der Wahl der/des Parteivorsitzenden eine Mitgliederbefragung durchzuführen. Dazu ist bereits 2012 eine Richtlinie beschlossen worden, die das Verfahren einer solchen Mitgliederbefragung detailliert regelt. Wir fordern den Parteivorstand auf, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen und der Wahl der/des Parteivorsitzenden eine Mitgliederbefragung voranzustellen, zumal es mit Simone Lange zumindest eine weitere respektable Bewerbung gibt. Ein solches Verfahren wird sicherlich nicht bis zum 22.4.2018 zu realisieren sein. Deshalb fordern wir dazu auf, den Bundesparteitag auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, der eine ordnungsgemäße Durchführung einer Mitgliederbefragung sicherstellt.

Der SPD-Landesvorstand hat sich am 11.02.2018 dafür ausgesprochen, den künftigen SPD-Vorsitz durch eine Mitgliederbefragung zu legitimieren. „Wer künftig die SPD führt, braucht Rückhalt aus der ganzen Partei. Ein Mitgliedervotum würde eine neue Vorsitzende oder einen neuen Vorsitzenden mit einem solchen Rückhalt ausstatten. Deshalb sollten wir uns in dieser Situation nicht auf die Wahl durch einen Parteitag beschränken, sondern eine Mitgliederbefragung durchführen“, erklärte dazu der Landesvorsitzende Burkhard Lischka. Diese Forderung unterstützen wir nachdrücklich. Wir erwarten allerdings auch, dass der Landesvorstand nunmehr die Voraussetzungen dafür schafft, dass der Wahl eines/einer Landesvorsitzenden künftig eine Mitgliederbefragung vorausgeht, wenn es mehr als eine/n Kandidaten/in gibt.

Neben klaren inhaltlichen Positionierungen sind diese Schritte unabdingbar, wenn die Erneuerung der Partei gelingen soll. Je schneller diese jetzt kommen, umso besser. Sonst droht der anstehende Mitgliederentscheid zur GroKo zur Abstimmung über die personellen Weichenstellungen des Parteivorstandes zu werden.

Mit besten Grüßen

gez. Melanie Böttcher
Vorsitzende SPD Ortsverein Stadt Ilsenburg

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